Mit Telemedizin und Zeitplanung Hausbesuch ergänzen 

Wann haben Sie zum letzten Mal einen Hausbesuch bei Ihren Patienten gemacht? Bepackt mit Stethoskop, Arztkoffer, Rezeptbuch? Vielleicht gehören Sie zu den Ärztinnen und Ärzten, die Hausbesuche noch regelmäßig vornehmen, bis zu achtmal pro Woche. Oder gehören Sie zu der Gruppe, für die die Hausbesuche zur Seltenheit geworden sind – weil das Deutsche Gesundheitssystem das dringend benötigte Geld in die Gerätemedizin investiert, anstatt Sie bei dieser zusätzlichen Belastung zu unterstützen?

Drastischer Schwund der Hausbesuche seit zehn Jahren

Medienberichte der vergangenen zehn Jahre legen dar, dass die Hausbesuche pro Arzt stark gesunken sind, obwohl viele Patienten krankheitsbedingt nicht mehr in eine Praxis kommen können oder der fehlende Nahverkehr einen Besuch unmöglich macht. Machten Ärztinnen und Ärzte 2009 in Deutschland noch etwa 30 Millionen Hausbesuche jährlich bei gesetzlich versicherten Patienten, waren es 2017 nur noch rund 24,6 Millionen. Dieser Schwund der Hausbesuchszahlen steht im Kontrast zu den Leistungen, die niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in den Jahren abgerechnet haben: Sie stiegen stetig. Also schwindende Hausbesuche trotz steigender Tendenz von abgerechneten Leistungen? Wie ist dieses Phänomen zu erklären und warum eigentlich scheuen sich Ärztinnen und Ärzte zunehmend vor Hausbesuchen, wo sie doch eigentlich sehr wichtig scheinen?

Wir erklären Ihnen, wie Sie Hausbesuche (wieder) in Ihre tägliche Medizin einbinden und wie Sie diese Leistungen für Ihre Patienten und für sich einsetzen, ohne Angst vor den wirtschaftlichen Folgen zu haben.

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Patientin in Not – Bitte ein Hausbesuch!

Ein Anruf nach Dienstschluss: Frau Schneider, 75, alleinstehend, leidet unter starken Schmerzen, das Fieber steigt und sie muss sich immer wieder erbrechen. Der Gang in die Praxis ist für Frau Schneider unmöglich. Zusätzlich wohnt sie eine Autostunde entfernt und hat eine künstliche Hüfte – einen Bus gibt es nicht. Trotzdem gehört sie zu dem Wohnkreis, für den Sie als behandelnder Hausarzt zuständig sind. Auch wenn Sie Ihre Patientin schon lange kennen und vermutlich wissen, was ihr helfen könnte: Ferndiagnosen sind laut Musterberufsordnung nicht zulässig.

Also machen Sie sich auf den Weg in dem Wissen, dass Sie die zusätzlichen Kosten für die zwei Stunden An- und Rückfahrt, die Behandlung von Frau Schneider und das verpasste Abendessen mit Ihrer Familie mit knapp 20 Euro abrechnen müssen. So will es die Gebührenordnung. Sie sind gerne Arzt und leben für Ihre Medizin, doch auf dem Weg zur notleidenden Patientin wurmt es Sie, dass Sie Hausbesuche übernehmen müssen, die sich nicht rechnen und für die Ihnen die Zeit fehlt.

Haben Sie sich wiedererkannt?

Warum sind Hausbesuche heute noch wichtig?

Dabei sind Hausbesuche enorm wichtig für solche Patienten, die nicht in der Lage sind, eine Praxis zu besuchen. Eine schwere Krankheit fesselt sie ans Bett, eine Operation muss überstanden werden, sie sind allgemein pflegebedürftig.

Auch auf dem Land ist der Bedarf an Hausbesuchen besonders groß, denn der öffentliche Nahverkehr ist von Region zu Region unterschiedlich gut ausgebaut und mitbestimmend dafür, ob Patienten eine Praxis erreichen können. Außerdem ist jeder niedergelassene Mediziner berufsrechtlich dazu verpflichtet, Hausbesuche bei Patienten zu machen, wenn sie notwendig sind. In dieser Pflicht stehen auch Kinderärzte, Zahnärzte, Internisten und Ärzte anderer Fachrichtungen.

Abseits der Pflicht bieten Ihnen als Mediziner Hausbesuche auch Einblicke in das private und soziale Umfeld Ihrer Patienten. Das sind „weiche“ Faktoren, die in der Diagnostik oft unterschätzt werden. In Kombination mit Kommunikation, Einfühlungsvermögen und viel Zeit können Sie Ihnen aber dabei helfen, klare Diagnosen zu stellen und geeignete Therapien zu verordnen.

Interessenkonlikt bei Hausbesuch  

Ungeachtet der Vorteile stehen bei Hausbesuchen die Interessen der Patienten und die Interessen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte im Konflikt: Wirtschaftlichkeit gegen Rechtsanspruch, Zeitmangel gegen Notleiden.

Hausbesuch nicht wirtschaftlich?    

Wir hören in unseren Workshops häufig davon, dass Mediziner sich vor Hausbesuchen fürchten, weil in erster Linie die Angst vor Rückzahlungsforderungen groß ist, wenn sie zu viele Hausbesuche machen. Die Bundesregierung schreibt nämlich vor, dass unabhängige Stellen prüfen müssen, ob die abgerechneten ärztlichen Leistungen auch wirtschaftlich sind. Dass es hier zu regionalen Unterschieden kommen kann, zeigen Fälle aus 2012 und 2014, als zwei Mediziner aus Hessen deutlich mehr Hausbesuche machten als andere Ärzte im Umkreis. Die beiden Mediziner aber arbeiteten auf dem Land, Hausbesuche waren oft die einzige Möglichkeit, die Patienten zu sehen. Sie mussten beträchtliche Rückzahlungen ihrer Honorare leisten, entschied die Prüfstelle. Die Folge: Stark zurückgefahrene Hausbesuche, schwindende Qualität der Behandlung, steigende Kosten für andere Behandlungen. Aus Angst davor, wirtschaftlich zu leiden. Das kann und darf nicht sein.

Chancen der Digitalisierung

Denken Sie also weiter: Nutzen Sie die Chancen, die Ihnen die Digitalisierung bietet. Ärztinnen und Ärzte dürfen Ihre Patienten laut Bundesärztekammer nun auch online behandeln, wenn es vorher einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gegeben hat. Der digitale Hausbesuch? Ja, und ganz ohne Fahrtzeit! Die Telemedizin macht es Ihnen möglich, Ihre Patienten weiterhin optimal zu versorgen und Ihre Ressourcen zielführend einzusetzen. Hinweise zur effektiven Fernbehandlung lesen Sie hier und hier.

Mehr Zeit für Hausbesuche

Da Einblicke ins Private trotzdem bei der Diagnose und Therapie helfen, sollten Sie persönliche Hausbesuche in Ihr Zeitmanagement integrieren. Mit unseren Zeitmanagementtools von DocSys™ und unseren Workshops zum Zeitmanagement helfen wir Ihnen dabei, die Zeit für Hausbesuche zu finden und gleichzeitig so durchzuführen, dass sie für Sie UND Ihre Patienten gewinnbringend bleiben.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und freue mich darauf, Sie und Ihre Praxis zu unterstützen.

Ihr   Jan Ackermann