So bauen Sie Auszeiten in Ihren Alltag ein

Lange hat er geplant und vorfreudig gewartet, nun ist es endlich so weit: Dr. Morscher tritt seinen letzten Arbeitstag in der Gemeinschaftspraxis an, bevor er für zwei Wochen in den Urlaub fahren wird. Wandern in den Bergen, mit Frau, den Kindern und dem Hund, entspannen am See, Picknick, Lagerfeuer, Spaziergänge, gemeinsam kochen, ausschlafen, so richtig ohne Wecker. Es ist sein erster Urlaub seit fünf Jahren. Es klingt viel zu traumhaft, als wahr zu sein.

Als die letzte Patientin am Abend geht, die Papiere abgezeichnet, seine Praxismitarbeiter gegangen sind und er den Schlüssel im Schloss dreht, überkommt ihn plötzlich ein panisches Kribbeln. Das geht doch nicht, denkt Dr. Morscher. Ich kann nicht wegfahren. Meine Praxis braucht mich – ohne mich wird alles untergehen. Ich kann mir keine Pause nehmen. Er zückt sein Telefon und macht sich auf den Ärger der Familie gefasst, denn er beschließt, den Urlaub abzusagen.

Warum Ärzte dringend Pause brauchen               

Erkennen Sie die Panik von unserem fiktiven Doktor bei sich selbst wieder? Standen auch Sie schon vor einem lang geplanten Urlaub und traten ihn dann doch nicht an? Oder gehören Sie zu denjenigen, die im Urlaub gerne Handy und Laptop neben dem Cocktailglas positionieren, um ja nichts zu verpassen?

Aus unserer Erfahrung mit über 1.700 Arztpraxen wissen wir, dass Ärztinnen und Ärzte große Schwierigkeiten haben, bewusste Auszeiten in den Arbeitsalltag und auch nach Feierabend einzubauen. Wir verraten Ihnen daher heute, wie Sie endlich richtig Pause machen.

Pause? Ist was für Anfänger        

Viele von Ihnen sind heute so belastet wie selten. Sie müssen nicht nur fachlich kompetent sein, sondern auch unternehmerisch denken und handeln, Planungsgenies spielen, immer abrufbar sein. Ihr Terminplan platzt aus allen Nähten, Sie müssen rennen, rennen, rennen. Diverse E-Mails und Briefe prasseln Tag für Tag auf Sie ein, einen entspannten Feierabend kennen Sie schon gar nicht mehr. Erholsamer Schlaf? Nicht daran zu denken, denn Hausbesuche und Akutpatienten erfordern auch häufig selbst nachts Ihre Aufmerksamkeit. Arbeit und Freizeit trennen Sie nicht – und möglicherweise haben Sie diesen fließenden Übergang gar nicht bemerkt.

Die Arbeitsschleife

Wer in der Schleife aus endlosen Verpflichtungen (ob echt oder eingebildet) feststeckt, hat es schwer, sich wieder herauszuziehen und richtig abzuschalten. Daher ist es gerade für Sie wichtig, Pause zu machen, den Feierabend einzuläuten um nicht nur die Qualität Ihrer Medizin sondern die Ihres Lebens zu sichern.

Viele von Ihnen wissen nicht mehr, was Freizeit heißt. Sie betreiben keine Hobbies mehr oder nur noch eingeschränkt. Sie vernachlässigen Freunde und Familie. Oder Sie sitzen im Urlaub am Pool, schreiben nebenbei E-Mails oder absolvieren eine virtuelle Sprechstunde. Ein großer Fehler.

Drücken Sie den Pause-Knopf

Holen Sie sich Ihre Pause zurück und schaffen Sie eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Wir haben Strategien für Sie, die Ihnen dabei helfen werden.

In der Praxis 

Schaffen Sie sich schon während der regulären Arbeitszeit öfter mal Luft zum Durchatmen:

  • Legen Sie bestimmte Uhrzeiten fest, zu denen Sie E-Mails lesen und bearbeiten
  • Verbringen Sie Ihre Mittagspause nicht am Schreibtisch, sondern gehen Sie bestmöglich nach draußen
  • Essen Sie in Ruhe zu Mittag, ohne auf einen Bildschirm zu starren. Seien Sie achtsam.
  • Machen Sie kurze Atemübungen, um Mini-Pausen einzubauen, zum Beispiel die 4-4-4 Atmung: Vier Sekunden ein, vier Sekunden aus, und das für vier Minuten

Nach Feierabend  

Auch nach Arbeitsschluss brauchen Sie klare Regeln, um Ihre Pausen einzuhalten:

  • Lesen Sie keine E-Mails nach Feierabend
  • Lernen Sie, Nein zu sagen: Schalten Sie Handy, Laptop und Tablet aus, wenn Sie nach Hause gehen, wenn Sie nicht gerade Bereitschaftsdienst haben
  • Schreiben Sie an den Wochenenden keine E-Mails an Ihre Mitarbeiter oder Kollegen
  • Machen Sie einen Spaziergang, ohne das Diensthandy mitzunehmen

Echte Freizeit

Wissen Sie noch, damals, als Sie so gerne joggen waren? Holen Sie sich Ihre Freizeit zurück:

  • Treffen Sie feste Verabredungen mit Ihren Lieblingsbeschäftigungen: Freunde sehen, ins Kino gehen, zum Sport, mit den Haustieren spielen, ein Buch lesen
  • Machen Sie auch feste Termine mit sich selbst – so, wie Sie auch einen Patiententermin gewissenhaft wahrnehmen würden

Im Urlaub

Werden Sie nicht zum Dr. Morscher und treten Sie Ihre Wunschreisen an:

  • Genießen Sie Ihre Vorfreude und trainieren Sie Ihr Mindset: Sie haben diese Auszeit verdient
  • Richten Sie eine Abwesenheitsnotiz ein
  • Regeln Sie, wer Ihre Aufgaben während Ihres Urlaubs vertritt
  • Nehmen Sie keinen Laptop (und am besten auch kein Diensthandy!) mit in den Urlaub

Pause machen mit JAN ACKERMANN

Auch wenn Sie Arzt oder Ärztin mit Leib und Seele sind: Sie sind ein Mensch. Menschen brauchen Pausen, um zu funktionieren. Und wenn Sie nicht funktionieren, dann kann auch Ihre Medizin nicht für mehr Gesundheit bei Ihren Patienten sorgen. Durchbrechen Sie die Kausalkette und nehmen Sie sich die Auszeit, die Ihnen zusteht.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Ihr  Jan Ackermann