Wie Sie und Ihre Patienten auf Augenhöhe kommunizieren
„Zwei Charaktere – so verschieden – finden schwer den Dialog.“ So sagt es die österreichische Aphoristikerin Katharina Eisenlöffel und könnte mit ihrer Aussage kaum besser beschreiben, was im modernen Gesundheitssystem eine der größten Herausforderungen darstellt. Ärzte und Patienten sind so verschieden, dass der Dialog im Behandlungszimmer geprägt ist von unzureichender Diagnostik, unbefriedigenden Therapien und Fehlinformationen. Dabei ist Kommunizieren mehr als nur der Austausch von zwei Meinungen, gerade im Gesundheitssystem: Kommunikation ist hinhören, nachfragen, ermutigen, beruhigen, anregen und abwägen.
Dialog zwischen Arzt und Patient
Oft sind es nur Kleinigkeiten, die einem erfolgreichen Arzt-Patienten-Gespräch im Wege stehen. Über Erfolg und Misserfolg eines Dialogs entscheiden aber auch größere Faktoren. Der wichtigste Faktor dabei ist das Vertrauen, gerade in der digitalen Kommunikationswelt. Hier haben wir Ihnen berichtet, wie Sie mit dieser veränderten Kommunikationsform umgehen und wie Sie Ihre Patienten besser informieren können als das Internet. Fehlendes Vertrauen im Patientengespräch begünstigt aber nicht nur Fehlinformationen und Unsicherheiten, sondern auch, dass die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Arzt und Patient leidet.
Wie können Sie als Ärztinnen und Ärzte also mit Ihren Patienten in einen Dialog treten, der auf Augenhöhe stattfindet?
Grundlagen der Gesundheitskommunikation
Es kommt darauf an, was Sie sagen, wie Sie es sagen und welchem Patienten Sie etwas sagen.
Das Verhältnis von Arzt und Patient ist sehr intim. Menschen geben im Dialog mit ihrem Arzt Informationen preis, die sie teilweise nicht einmal in der eigenen Familie kommunizieren. Sie bringen ihrem Arzt ein tiefes Vertrauen entgegen, sie legen die Gesundheit in IHRE Hände. Das ist eine Tatsache, die Sie sich verdeutlichen sollten, ehe Sie den Dialog mit Ihren Patienten suchen. Setzen Sie sich einmal die Wahrnehmungsbrille Ihres nächsten Patienten auf: Wird Ihnen klar, worum es aus Sicht dieses einen Patienten im Gespräch eigentlich gehen sollte?
Eine Sache der Wahrnehmung
Die großen Unterschiede der Selbst- und Fremdwahrnehmung tragen dazu bei, den Arzt-Patienten-Dialog zu verkomplizieren. Laut einer repräsentativen Umfrage der Berstelsmann-Stiftung ist das gestörte Kommunikationsverhältnis oft auf die Internetrecherche der Patienten zurückzuführen.
So fällt es den Patienten schwer, seriöse und unseriöse Informationsangebote voneinander zu unterscheiden. Sie lesen sich Wissen an, das sie aufgrund fehelnder medizinischer Kompetenz kaum einordnen können und das im späteren Gespräch mit dem Arzt für Schwierigkeiten sorgt. Diese Kommunikationsdefizite können soweit gehen, dass die Patienten ihrem behandelnden Arzt sogar verschweigen, dass sie sich vorab informiert haben. Warum? Weil Ihre Patienten SIE nicht verärgern wollen und IHRE Meinung abwarten, ehe sie sich selbst trauen, das Wort zu ergreifen.
Unausgesprochenes macht Probleme
62% der befragten Patienten geben an, dass sich ihr Arzt gefreut habe, wenn sie sich vor einem Gespräch mit Informationen aus dem Internet versorgten – aber 81% der Ärzte geben an, sich gefreut zu haben.
Nur 18% der Patienten nehmen wahr, dass jeder dritte Arzt sich schon einmal darüber geärgert hat, dass der Patient im Netz unterwegs war. Der Arzt verschweigt also seinen Ärger. Jeder dritte Arzt gibt außerdem an, seine Patienten zu ermutigen, sich selbst zu informieren – doch nur jeder fünfte Paitent sieht sich dazu aufgefordert.
Wenn bereits hier die ersten Probleme durch Unausgesprochenes auftreten, bevor Sie mit der eigentlichen Therapie beginnen, wie sollen Sie da ein gutes Kommunikationsverhältnis zu Ihren Patienten aufbauen?
Kommunikative Stärken ausbauen
Bauen Sie Ihre kommunikative Kompetenz aus, um auf Augenhöhe mit Ihren Patienten zu sprechen: Nur das patientenorientierte Gespräch ermöglicht Vertrauen, aus Vertrauen entsteht Nähe – und wem dies gelingt, der wird vom Patienten immer erfahren, ob er sich zum Beispiel vorab im Internet informiert hat.
Ziehen Sie nach einem Gespräch Bilanz: Wer hat mehr geredet? Sie oder Ihr Patient? Haben Sie genug Fragen gestellt und stellen lassen? Haben Sie genug über Ihren Patienten erfahren?
Eine besonere Rolle spielt Ihre Fragekompetenz. Trainieren Sie sich verschiedene Fragearten an, zum Beispiel Entscheidungs- („Sie haben das verstanden?“), Ergänzungs- („Was kann ich Ihnen dazu noch erklären?“) und Alternativfragen („Möchten Sie Therapie A oder B?“). Im Dialog: vermeiden Sie sperriges Fachvokabular. Lassen Sie den Patienten die Diagnose in eigenen Worten wiederholen.
Unsere Handlungsempfehlungen für Sie:
- Fragen Sie Ihre Patienten in der Anamnese, ob Vorwissen gesammelt wurde – so schaffen sie eine vertrauensvolle Gesprächsgrundlage
- Unterstützen Sie Ihre Patienten bei der Suche nach seriösen Gesundheitsinformationen
- Geben Sie nützliche, für Laien verständliche Informationen aus oder empfehlen Sie solche Quellen
- Nehmen Sie sich Zeit für jeden Patienten, um die Rolle des persönlichen (Lebens-) Beraters erfüllen zu können
- Ermutigen Sie Ihre Patienten, Fragen zu stellen
- Pflegen Sie einen offenen Umgang mit Informationen aus dem Internet und räumen im Patientengespräch aktiv Missverständnisse aus
Wir unterstützen Sie in Ihrer Kommunikationsentwicklung mit unserem umfangreichen Workshop-Angebot.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Ihr Jan Ackermann